Chorgestühl – Fratzen, Tiere, Wundersames …

Im Chorgestühl finden sich neben den großen Figuren / Darstellungen und Szenen auch kleinere Objekte in Form von Knäufen, als Miserikordien und auf Konsolen: Narrenkopf mit Ohrenkappe, Narrenkopf mit Schellenkappe, Spitzkonsole mit bärtiger Fratze, weitere Fratzen.


„Dabei sind (diese Figuren) die lebendigsten Zeugen einer Weltanschauung, die neben dem Himmelspreis vor allem den Höllenspuk kannte.
Die Qualen der Verderbnis, die Furcht vor dem Beelzebub,bewegten die Menschen damals mehr als die Sehnsucht nach dem Paradies. In zahllosen Tiergestalten, Monstern und Fratzen erscheint der Teufel in den Chorgestühlen – vor allem aber auch sein wichtigster Helfer, der Narr.“ (Q: Günter Schenk) Der Narr wurde damals als egoistische Person ohne Regelwerk und Nächstenliebe gesehen.

Neben den Fratzen sind Tiere abgebildet: Eidechse und Leguan, Salamander und Schlange, Löwengesicht, Eichhörnchen mit Menschengesicht, Eule, Rabe, Raubvogel, Skorpion und Fisch, …


„Zur Zeit der frühen Renaissance hatten die Holzbildhauer ihre Inspirationen in der Regel aus Büchern. „Eine ihrer wichtigsten Quellen war der „Physiologus“ – ein Buch, das Tiere und Pflanzen mit biblischen Eigenschaften konfrontierte.“ (Q. Günter Schenk)
So stehen Eidechse, Leguan und Salamander sowohl als Begleiter des Teufels, als auch für die hingebungsvolle Zuneigung zu Jesus Christus (Sonne). Die Schlange symbolisiert die Verführung zum Nicht-Göttlichen. Eulen und Raben stehen für Weisheit und für das bedrohlich Dunkele. Skorpione werden als Vertreter des Feindlichen und Gefährlichen gesehen. Löwe, Hirsch und Fisch sind Tiergestalten mit unterschiedlichen biblischen Bedeutungen.

Was hat ein Mädchenbrustbild – mit den Händen die Brüste stützend – in einem Chorgestühl zu suchen? Vielleicht: Lass die Finger davon, sie will Dich versuchen, verführen. Teuflisches mit Totenfratze könnte die Folge sein!

„War das Chorgestühl anfangs ohne große Ausstattung ausgekommen, wurde es im Lauf der Zeit zu einem plastischen Buch, zu einem Spiegel mittelalterlicher Gedankenwelt. Es vereint Gut und Böse, Engel und Teufel, Tugenden und Laster, Heilsbotschaft und Höllenspektakel.“ (Q: Günter Schenk)
TD

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